Freitag, 8. Januar 2010

Ruhr 2010: Revier der Ideen

Üblicherweise lese ich sie selten, die Clubzeitschrift ADAC Motorwelt, auch wenn ich den ADAC ziemlich klasse und problemlos finde. Ich bin einfach nicht gerne Mitglied in einem Verein und ein Auto ist für mich in erster Linie ein Fortbewegungsmittel, aber kein Kultobjekt oder Hobby. Dementsprechend uninteressant ist für mich die ADAC Motorwelt und meist landet sie ungelesen im Altpapier. Dieses Mal habe ich sie gelesen - und das sogar mit Freude.

Lange schon hörte man es an allen Ecken und las es überall: Wir, der Pott, sind dieses Jahr Kulturhauptstadt. Mir als Eingeborener war das bisher nicht so wirklich klar, der Gedanke lief eher nebenbei. Aber nun ist es so weit und mit vielen Programmpunkten stellt sich die Region rund um die Ruhr der Welt (vor).

Grundsätzlich stört es mich natürlich, was die Auswärtigen so über unser schönes Ruhrgebiet denken. Bei uns herrscht dicke Luft, alles ist grau, verbaut und düster. Müßig zu sagen, dass solche Aussagen nur von Menschen kommen, die keine Ahnung haben bzw. nie hier waren.

Zurück zum Anlass:

Die ADAC Motorwelt widmet uns, dem Revier der Ideen, so etwa 10 Seiten und bereits der Titel sagt, wo der Frosch die Locken hat, wir sind nämlich Europas heimliche Hauptstadt. Schnell lerne ich, dass nur Paris und London mehr Einwohner als wir haben und wir mit 5,3 Millionen Einwohnern der drittgrößte Ballungsraum in Europa sind.

Viele Menschen, wenig Platz und Städte, die ineinander übergehen, das ist halt der Ruhrpott, aber eben auch, dass Claus Peymann bereits in den 80ern sagte, wir seien das New York Europas. Wer wollte bisher schon wissen, dass Dortmund im Mittelalter als Hansestadt ein wichtiges Handelszentrum war oder Duisburg zum Beispiel vor Jahrtausenden von den Römern gegründet wurde?

Viele Nationalitäten kamen und kommen zu uns, weil es bei uns immer Arbeit gab. Erst Schlesier, Masuren, Polen, Russen und Ungarn, dann Italiener, Türken und Asiaten. Und das obwohl seit den 50er Jahren der Bergbau und die Schwerindustrie langsam ausstarben. Ein Strukturwandel durchzog die Städte rund um die A 40, den Ruhrschleichweg, der fast immer voll ist und wir entwickelten uns zu einer Region, wo Forschung, Kultur und Freizeit großgeschrieben werden. Laut Motorwelt haben wir nämlich nur noch 23 000 Bergleute, dafür aber 164 000 Studenten und knapp über 70 Prozent von uns sind Dienstleister.

Tja, wie passt das zu den Vorstellungen von Kohlestaub und Maloche? Gar nicht, denn der Regionalverband Ruhr zeigt anschaulich, dass wir richtig grün leben und lediglich knapp 38 Prozent der Ruhrgebietes den Bereichen Siedlung und Verkehr vorbehalten sind, den Rest teilen sich nämlich Wald, Wiesen und Wasser. Oder wie der Regisseur Sönke Wortmann, Sohn eines Bergmanns und des Reviers, so passend im Interview mit der Motorwelt sagt: Früher grau, jetzt grün. 

Wenn ich nun mit den vielen Kultur- und Freizeitangeboten anfange, dann könnte ich ein Buch schreiben. So ist das eben mit uns. Wir haben es nicht nötig zu strunzen oder - man möge mir den Ausdruck verzeihen - auf die Kacke zu hauen. Wir arbeiten, leben und genießen die Region schon ein wenig länger, da wissen wir, was wir haben. Wenn Auswärtige in ihren Metropolen Hamburg oder München so was nicht wissen, ist das deren Problem. Immerhin laden wir sie ein. Und wir zeigen Euch dieses Jahr besonders gerne, was Ihr verpasst. Denn Ruhr 2010: Revier der Ideen ist keine leere Worthülse oder ein lahmer Slogan, wir sind einfach so.

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