Montag, 9. Februar 2009

Höllenqualen oder ein Friseurbesuch

Manchmal muss es sein und ich beiße die Zähne zusammen und gehe zum Friseur, denn im Gegensatz zu vielen anderen Frauen mag ich äußerst ungern zum Friseur gehen. Zweimal im Jahr bin ich dann ganz mutig und wage mich zu der Dame meines Vertrauens, die im Gegensatz zu vielen anderen Haarschneiderinnen sehr schweigsam und schnell ist - heißt, ich bin in maximal einer halben Stunde wieder draußen.

Aber als es mal wieder Zeit wurde, hatte meine ruhige Vertrauensfriseurin Urlaub und das für ganze 4 Wochen. Hilfe! Meine Mutter, die es liebt zum Friseur, zur Kosmetikerin, etc. zu gehen, empfahl mir ihre Vertrauensfrau in einem anderen Salon.

Tapfer machte ich mich auf den Weg. Immerhin waren Monate seit dem letzten Haarschnitt vergangen. Ich betrat den Ort des Geschehens und wurde aufgefordert zu warten. Hm, gefiel mir gar nicht, weil ich wichtigere Dinge vorhabe als rumzusitzen. Also den MP3-Player ins Ohr, nicht daran denken, was kommt und eine fremde Frau meinen Kopf und meine Haare anfasst. Nebenbei betrachtete ich die anwesenden Damen und was ich sah, gefiel mir nicht wirklich: Alle dick geschminkt (und nehmen bestimmt abends ihr Gesicht
durch einen dezenten Schlag auf den Hinterkopf ab in Form einer Maske ab), stöckelten auf übertrieben hohen, engen Schuhen umher (Gruß an ihre Hühneraugen, Überbeine und Hammerzehen), verfügten ausnahmslos über lange, künstliche Fingernägel mit allerlei aufgeklebtem Firlefanz und quäkten mit hohen Stimmen Unsinn umher.

Ich schaute stumm auf meine fußschonenden, bequemen Schuhe, musterte meine unlackierten, kurzen Fingernägel und dachte an meine Lieblingsfriseurin, die naturschön, ungeschminkt und mit einer sanften, leisen Stimme gesegnet ist. Nach ca. einer halben Stunde - gefühlten 2 Stunden - war es soweit, ich wurde zum Waschen meiner Mähne gebeten. Ich wies darauf hin, dass ich Locken habe, die man vielleicht nicht sieht, die aber Pflege benötigen. Mehr als ein hektisches Jaja kam nicht. 


Sogleich begann die Tortur: Abwechselnd zu heißes oder zu kaltes Wasser ergoss sich über meinen Kopf, was mich natürlich veranlasste meinen Kopf zwecks Selbstschutz wegzuziehen, da meine Proteste ungehört blieben, was wiederum durch energische Handbewegungen von der unfähigen Grazie zu unterbinden versucht wurde. Lieblos wurden meine Haare gewaschen und ein Handtuch über meinen Kopf geworfen, das bereits auf dem Weg zum Stuhl auf dem Boden landete. Ich hob es auf - wollte ja niemand sonst machen - setzte mich und wollte es um meine Haare winden, was anscheinend nicht erlaubt war, denn ich spürte Fingernägel auf meiner Kopfhaut, die es selbst versuchten. Half nicht und so saß ich eine weitere halbe Stunde, gefühlte 3 Stunden, tropfend in einem knallroten, unbequemen Kunstlederstühlchen und musste mich den unsäglichen Gesprächen um mich aussetzen.

Dann kam sie und ich sagte ihr, ich hätte gerne so drei bis vier Zentimeter weg und leichte, dezente Stufen bzw. Fransen zwecks Ausdünnung der Massen. Jaja war erneut die desinteressierte Antwort und hätte ich gewusst, welche Schmerzen mich erwarten, hätte ich aber so was von schnell die Flucht ergriffen. Dem geneigten Leser möchte ich kurz erklären, dass meine Haare recht lang, dick wie eine Pferdemähne und lockig sind, also dazu neigen nicht leicht zu kämmen zu sein. Madame aber interessierte es nicht sonderlich und sie fuhrwerkte mit einem Kamm an meinen Haaren rum. Mein Kopf neigte sich teilweise horizontal, als sie brutal versuchte meine Haare zu kämmen, was sie ignorierte oder ihr egal war. Ich hatte fast Tränen in den Augen und leise Schmerzensschreie entfuhren mir. Keine Chance, sie griff durch und ich glaube, die Hälfte meiner Mähne liegt nun ausgerissen irgendwo rum und meine Kopfhaut ist für Wochen wund.

Sie schnitt und schnitt und da meine Mutter immer reichlich zufrieden ist, ließ ich sie gewähren. Da sie den größten Unsinn, den Bochum je gehört hat, von sich gab, aber zumindest kein Feedback erwartete, ließ ich sie stoisch schweigend reden. Irgendwann griff Madame nach dem Fön und einer Handvoll Rundbürsten und begann meine Haare zu fönen. Ich grinste und dachte, nun kann ich mich für die erlittene Pein rächen, denn meine Haare lassen sich nicht fönen. Sie wollen ein bis zwei Stunden in ein Handtuch gewickelt ruhen und ergeben sich dann nach einer halben Stunde mit dem Fön, um daraufhin - weil ich ja Locken habe - in alle Himmelsrichtungen zu stehen und an den in den 70ern beliebten Afro-Look zu erinnern. Kurz, sie sind zu viele, zu dick und ebenso störrisch wie ihre Besitzerin und lassen sich nicht trocknen. Madame fönt verbissen, schiebt meinen Kopf unsanft mal in diese, mal in die andere Richtung, zerrt an meinen verbliebenen Haaren und bemerkt keinen Unterschied. Irgendwann erlöse ich sie - und mich - stoppe die Tortur,
stehe auf, schaue in den Spiegel und denke schlicht Oy!: Meine Haare sind extremst durchgestuft und das praktische Zusammenbinden mit einem Haarband, so dass keine Strähnen in mein Gesicht hängen, ist unmöglich. Ich schleppe mich selbstbeherrscht und sprachlos vor Wut zur Kasse, bezahle und stürme aus dem Laden.

Die sehen mich nicht wieder - und wenn ich Monate auf meine schweigende Lieblingsfriseurin warten muss! Und dann muss ich dringend ein ernstes Wort mit meiner Mutter reden ...

wortfeilchen